Schnee im Sommer

Nach der Hitzeperiode in Tirol waren wir uns eigentlich sicher, dass der Niederschlag des schneereichen Winters 18/19 nun endlich weitestgehend verschwunden sein müsste. Auch für den Wilden Kaiser trafen wir diese Annahme und wurden eines Besseren belehrt.

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Abendrot am „Koasa“

Doch der Reihe nach. Freitagabend ging es für uns von Innsbruck in Richtung St. Johann und weiter Richtung Kössen zum Parkplatz der Griesenau-Alm, wo wir unsere Nacht verbrachten. Nach dem Klingeln des Weckers und einem kurzen Frühstück war unser Ziel um 05:30 Uhr das Totelkirchl unweit des Stripsenjochhauses. Die 1 ½ Stunden Zustieg vergingen schnell, nach einer endlich mal wieder erholsamen Nacht bei „kalten“ 17 Grad. Wir staunten aber nicht schlecht, als wir in Richtung Einstieg der Route Kirchlexpress, gegenüber der Via Classica, schauten und dort ein massives Schneefeld prangte. Wir nahmen es sportlich und machten uns an die Arbeit und stiegen das Schneefeld bis zum vermeintlichen Einstieg auf. Da es nachts nicht mehr fror, war der Schnee hart, aber trotzdem so weich, dass man Stufen schlagen konnte, so kamen wir gut voran. Am Einstieg dann aber die erste Herausforderung:

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Schneemassen

Der Schnee war stellenweise 10 Meter aufgetürmt und zwischen der Schneelippe und dem Fels klaffte eine tiefe Spalte. Wir fanden glücklicherweise eine Schwachstelle an der wir abklettern konnten und so an den Fels kamen. Aber waren wir richtig? Wir fanden einen Stand, aber bei der Schneemenge hätte es auch der Stand nach der ersten Seillänge sein können. Wir waren zuversichtlich und machten uns an den Aufstieg an bestem Kaiserfels. Wir fanden hier und da Haken, sicherten aber über viele Stellen selbst ab und auch zum Standplatz bauen üben eignete sich der Tag perfekt.

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Die Kletterei vor dem Schneeloch

Wir kamen gut voran und erreichten bald das Schneeloch, wo ebenfalls ein riesiges Schneefeld auf uns wartete. Eine zweite Seilschaft war mit uns in der Route unterwegs und tat sich wie wir sichtlich schwer den Weiterweg zu finden. Der Schnee hier war nochmals höher als unten am Einstieg. Wir suchten für Stunden, um uns irgendwann geschlagen zu geben, da wir einfach keine Haken finden konnten.

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Schnee im Sommer

Die andere Seilschaft stieg dann in irgendeine weiterführende Tour ein, was uns aber weniger reizte. Also ging es für uns ans Abseilen, wobei wir merkten, dass wir beim Aufstieg zwar Haken gefunden hatten, aber nicht in der von uns angepeilten Tour gewesen sind. Ein Grund mehr nochmal wiederzukommen und die Tour erneut in Angriff zu nehmen, die lohnende Kletterei wäre nämlich wohl erst oben gekommen. So perfektionierten wir wenigstens mal wieder unsere Abseillogistik und hatten unten sogar die Möglichkeit über das Schneefeld weitestgehend abzuseilen, was uns großen Spaß bereitete. Unten angekommen genossen wir das Wetter und waren trotz „Scheitern“ auf eine interessante Art und Weise glücklich, wer weiß, warum uns der Weiterweg an diesem Tag verwehrt wurde…

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Abseilen über das Schneefeld am Einstieg

Den nächsten Tag verbrachten wir in der Haslerschlucht zum Sportklettern, wo es im Sommer eigentlich immer perfekt kühl und angenehm ist. Doch die Hitze hatte Österreich an diesem Tag wieder fest im Griff und so war es selbst dort wesentlich zu warm, um wirklich Leistung zu bringen. Obwohl in der Schlucht immer noch Lawinenreste lagen, die den Zustieg auch ordentlich mitgenommen haben, ganze Brücken sind im Winter weggerissen worden. Das zeigte einmal mehr, wie viel Schnee da eigentlich gefallen war. Wir machten uns dennoch einen schönen Tag und kühlten uns am Abend in einem Gebirgsbach ab und ließen das Wochenende ausklingen. Manchmal spielt das Leben so, wichtig ist, das Beste daraus zu machen!